Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

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Jahresbericht 2020

Zusammenfassung des Jahresberichts 2020 der Schlichtungsstelle BGG

Zusammenfassung des Jahresberichts 2020 der Schlichtungsstelle BGG

Die Schlichtungsstelle nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, jährlich einen Bericht über ihre Arbeit vor.
Zunächst beschreibt der Bericht für das Jahr 2020 die rechtlichen Grundlagen, die Prinzipien und den Ablauf eines Schlichtungsverfahrens. Danach werden die im letzten Jahr gemachten neuen Erfahrungen thematisiert. Weitere Kapitel sind: Die Statistik des Jahres 2020, die Öffentlichkeitsarbeit der Schlichtungsstelle BGG und prägnante Beispielfälle. Der umfangreiche Anhang enthält Gesetzestexte und Verordnungen, die für das Behindertengleichstellungsrecht relevant sind.

Arbeitsschwerpunkte im Jahr 2020

Hier sind zusammengefasst die Kernpunkte des Berichts für das Jahr 2020:
Die Anzahl der eingegangenen Schlichtungsanträge ist erneut gestiegen auf 183. Im Jahr 2019 waren es 177 Anträge. Seit Bestehen der Schlichtungsstelle wurden insgesamt 629 Anträge bis Ende 2020 gestellt. Zusätzlich gab es viele allgemeine Anfragen zum Angebot der Schlichtungsstelle.

Wie wohl in fast allen Lebensbereichen standen im Jahr 2020 auch für die Arbeit der Schlichtungsstelle die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie im Vordergrund. Ab März erreichte die Schlichtungsstelle eine größere Anzahl von Individual- und Verbandsschlichtungsanträgen betreffend die Öffentlichkeits- und Informationsarbeit der Bundesregierung und nachgeordneter Behörden zum Schutz vor dem Coronavirus. Bemängelt wurde dabei häufig, dass die aktuellen Informationen zur Coronavirus-Situation und zu den diesbezüglichen Maßnahmen nicht in Deutscher Gebärdensprache erhältlich waren. Auch die fehlende Barrierefreiheit von Informationen im Internet oder von Apps oder fehlende Informationen in Leichter Sprache waren Gegenstand von Anträgen.

So ist auch der Anteil von Anträgen betreffend das Recht auf Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen sowie im Bereich Verständlichkeit und Leichte Sprache erneut gestiegen. Und erstmals wurden im letzten Jahr Schlichtungsverfahren mittels SQAT in Deutscher Gebärdensprache durchgeführt.

In den meisten Fällen ging es um das Benachteiligungsverbot im BGG. Dabei handelt es sich oft um die Geltendmachung von Ansprüchen aus den verschiedenen Bereichen der sozialen Sicherung, und hier insbesondere auch um den Aspekt des Rechts auf angemessene Vorkehrungen bei Behinderungen. Angemessene Vorkehrungen sind alle Maßnahmen, die auch im Einzelfall gewährleisten, dass ein Mensch mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen alle Rechte genießen und ausüben kann.

Für die alltägliche Arbeit der Schlichtungsstelle waren die Kontaktbeschränkungen zum Schutz vor dem Corona-Virus eine besondere Herausforderung. Die Umstellung auf Videokonferenzen statt persönlicher Schlichtungstermine war insbesondere dann schwierig umzusetzen, wenn eine Kommunikation in Deutscher Gebärdensprache oder in Leichter Sprache benötigt wurde. Außerdem ist es in Videokonferenzen deutlich schwieriger, persönliche Stimmungen oder nonverbale Aussagen durch Mimik und Gestik zu erfassen. Gerade im Bereich der Schlichtung ist es aber besonders wichtig, diese Parameter wahrzunehmen und gegebenenfalls im Gespräch aufzugreifen.

Die Öffentlichkeitsarbeit war im Jahr 2020 aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie im Wesentlichen auf den digitalen Weg beschränkt. Bereits Anfang 2020 wurde ein barrierefreier Film auf der Webseite der Schlichtungsstelle veröffentlicht, der das Angebot der Schlichtung in anschaulicher Weise beschreibt. Der Film integriert die mündliche Vorstellung mit gleichzeitiger Übersetzung in die Deutsche Gebärdensprache und Untertitelung. Und die Schlichtungsstelle wird sich voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2021 mit einer eigenen Webseite unter www.schlichtungsstelle-bgg.de präsentieren.

Im August 2020 wurde das auf Veranlassung der Schlichtungsstelle von Dr. Oliver Tolmein erstellte Gutachten zum Thema „EU-Fahrgastrechte und die Beförderungssituation von Menschen mit Behinderungen im deutschen Bahnverkehr“ online veröffentlicht, inklusive Zusammenfassungen der wichtigsten Inhalte in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache. Das Gutachten ist auch in Papierform bestellbar.

ABSPANN

Zusammenfassung des Jahresberichts 2020 der Schlichtungsstelle BGG

Herausgeber
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Produktion
Gebärdenwerk GmbH

Grußwort des Bundesbehindertenbeauftragten Jürgen Dusel

zum Download: Grußwort des Bundesbehindertenbeauftragten Jürgen Dusel (155 MB, 05:44)

Liebe Leserinnen und Leser,

uns alle hat in den letzten Monaten in allen Lebensbereichen die COVID-19-Pandemie beschäftigt. Wir alle leben seither - neben der Angst vor einer Infektion - mit großen Einschränkungen und Unsicherheiten. Die Pandemie macht sich nicht nur gesellschaftlich und wirtschaftlich bemerkbar, sondern auch im privaten, im individuellen Bereich, körperlich und psychisch.

Für Menschen mit Behinderungen sind diese Ängste und Probleme oftmals um ein Vielfaches potenziert. Hier sind als erstes die vulnerablen Gruppen betroffen, die ein noch höheres Risiko eines schweren oder tödlichen Verlaufs haben. Sie müssen in Bezug auf Infektionen viel achtsamer sein und leben in vielen Fällen seit Monaten faktisch in Isolation. Aber auch Menschen mit anderen Einschränkungen oder Behinderungen sehen sich immer wieder in der Situation, dass sie deutlich auf ihr Recht pochen müssen, um gehört zu werden. Gehörlose Menschen zum Beispiel: Gerade zu Beginn der Pandemie hat sich deutlich gezeigt, wie wenig aktuelle Informationen es zum Beispiel in Gebärdensprache gibt. Gerade in einer Krisensituation sind tagesaktuelle Informationen jedoch enorm wichtig - übrigens auch in Leichter Sprache.

Unter anderem hierzu erreichten die Schlichtungsstelle mehrere Anträge, bei denen sie ganz konkret helfen konnte. Für viele öffentliche Stellen - zum Beispiel Ministerien - ist es seither selbstverständlicher geworden, unter anderem bei Pressekonferenzen auch für die Dolmetschung in Gebärdensprache zu sorgen. Ein erster guter Schritt in Richtung inklusivere Kommunikation.

Seit vier Jahren nun hilft die Schlichtungsstelle BGG niedrigschwellig, persönlich und kostenfrei - auch wenn die Pandemie die Arbeit natürlich auch hier nicht gerade erleichtert hat. Der aktuelle Jahresbericht gibt einen Einblick in die Fälle aus verschiedensten Lebensbereichen, aus dem Arbeitsleben, aus dem Bereich gesundheitliche Versorgung oder auch wenn es einfach nur darum geht, die richtigen Ansprechpartner*innen zu finden. Die Schlichtungsstelle wird gebraucht, das zeigt dieser Bericht deutlich. Sie bietet die Möglichkeit, außergerichtlich zu einer Einigung zu kommen und so zum einen bei Sachkonflikten konkret zu helfen und zum anderen Rechtsfrieden zu schaffen. Bislang erstreckt sich die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle vor allen Dingen auf öffentliche Stellen des Bundes. Sehr erfreulich ist, dass aktuell gesetzlich geplant ist, die Kompetenzen der Stelle auch auf den privaten Bereich auszuweiten. Das wäre ein echter Fortschritt.

Ich wünsche der Schlichtungsstelle weiterhin viel Erfolg bei ihrer Arbeit und Ihnen, liebe Zuschauer*innen, eine spannende Lektüre.

ABSPANN

Grußwort des Bundesbehindertenbeauftragten Jürgen Dusel

Herausgeber
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Produktion
Gebärdenwerk GmbH

Erfolgreiche Schlichtungsverfahren 2020

zum Download: Jahresbericht 2020 der Schlichtungsstelle BGG - erfolgreiche Beispiele (299 MB, 07:56)

Beispiele für erfolgreiche Schlichtungsverfahren im Jahr 2020

Auch im vergangenen Jahr konnten die Beteiligten wieder in mehr als der Hälfte der Verfahren, für die die Schlichtungsstelle zuständig war, unter Mitwirkung der Schlichtungsstelle BGG eine Einigung erzielen. Hier ausgewählte Beispiele für eine erfolgreiche Schlichtung:

Barrierefreie Informationen zur Coronavirus-Pandemie

Gegenstand mehrerer Verfahren war die Bereitstellung barrierefreier Informationen in Verbindung mit der Coronavirus-Pandemie. Ein Verband wandte sich an die Schlichtungsstelle BGG mit dem Antrag, Menschen mit Hörbehinderungen barrierefrei zu der aktuellen Gefahrenlage sowie den beschlossenen staatlichen Maßnahmen zu informieren. Zum einen ging es um die digitale Barrierefreiheit der Websites verschiedener öffentlicher Stellen des Bundes. Zum anderen wurde gefordert, dass auch Pressekonferenzen für Menschen mit Hörbehinderungen in zugänglicher Weise zur Verfügung gestellt werden sollten. Der Verband verwies neben der geltenden Rechtslage auf die hohe Bedeutung aktueller Informationen auch für Menschen mit Hörbehinderungen, um sich vor den erheblichen gesundheitlichen Gefahren im Zusammenhang mit dem Coronavirus schützen zu können. Nach Erörterung innerhalb des Schlichtungsverfahrens zeigten die öffentlichen Stellen eine große Offenheit für das Thema des Schlichtungsverfahrens. Sie kamen der Mehrzahl der durch den Verband aufgestellten Forderungen nach und boten zum Teil zusätzliche, speziell auf Menschen mit Hörbehinderungen zugeschnittene Formate an. Die öffentlichen Stellen begrüßten das Angebot der weiteren Zusammenarbeit mit dem Verband auch für die Zukunft ausdrücklich.

Die Bewerberin mit Autismusspektrumstörung

Eine Antragstellerin wandte sich an die Schlichtungsstelle, da sie in einem Bewerbungsverfahren bei einer Bundesbehörde angemessene Vorkehrungen hinsichtlich ihrer Autismusspektrumstörung wünschte. Die Bewerberin hatte den Einstellungstest bei der Behörde mit sehr guten Ergebnissen bestanden und wollte die Stelle sehr gern antreten. Es ging nun um die Ausgestaltung der Einarbeitungszeit. Der Bewerberin war es wichtig, möglichst wenige Ortswechsel und einen ruhigen Arbeitsplatz zu haben. Dies war für sie erforderlich, um möglichst wenige angesichts ihrer Beeinträchtigung stark belastende Stresssituationen bewältigen zu müssen, und ihre Aufmerksamkeit voll auf die Ausbildung richten zu können. Auch Fragen der Wohnsituation waren zu klären. Im Schlichtungsverfahren konnten Lösungen gefunden werden, die eine Reduzierung der Auswärtsstationen auf das unbedingt erforderliche Maß und die Unterstützung bei der Klärung aller weiteren Fragen (z.B. Zurverfügungstellung eines Wohnheimplatzes, Hilfe bei Beantragung von Trennungsgeld, Arbeitsplatzausgestaltung) beinhalteten. Die Antragstellerin konnte damit die Stelle antreten.

Zusammentreffen von körperlicher Erkrankung und psychischen Beeinträchtigungen

Eine Antragstellerin mit körperlichen Erkrankungen und psychischen Beeinträchtigungen hatte Schwierigkeiten, ein Krankenhaus zu finden, welches die diagnostische Abklärung ihrer körperlichen Erkrankung übernimmt. Sie schilderte, dass sie in sämtlichen Kliniken, in denen sie bislang deutschlandweit mit der Überweisung ihres Hausarztes vorstellig geworden war, abgewiesen worden sei. Sie begehrte nun eine Kostenübernahme der Behandlung in der Schweiz. Im Schlichtungsverfahren konnte erreicht werden, dass die Krankenkasse die Antragstellerin unterstützte, eine Klinik im Inland zu finden, welche die Diagnostik durchführte.

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Beispiele für erfolgreiche Schlichtungsverfahren im Jahr 2020

Herausgeber
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

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Beispiele für hilfreiche Verweisberatung

n einer Vielzahl der Fälle konnte die Schlichtungsstelle BGG auch wieder im Wege der Verweisberatung behilflich sein, Probleme zu lösen, auch wenn keine öffentliche Stelle des Bundes beteiligt war. Das heißt, bei Anfragen, die die Privatwirtschaft oder auch Landes- oder Kommunalbehörden betreffen, kann die Schlichtungsstelle zwar kein Schlichtungsverfahren durchführen, jedoch bei der Suche nach den zuständigen Behörden oder anderen Stellen behilflich sein, die für die Lösung eines Problems in Frage kommen. Neben einem Schlichtungsantrag können hierzu und auch allgemein Anfragen zum Beispiel über SQAT in Deutscher Gebärdensprache oder in Leichter Sprache gestellt werden.

Hier ein paar Beispiele:

Anspruch auf häusliche Krankenpflege

Eine regional tätige Krankenkasse hatte einen Antrag auf Fortsetzung der Kostenübernahme für häusliche Krankenpflege als „spezielle Krankenbeobachtung“ bis zu 24 Stunden täglich für ein schwerstbehindertes Kind zunächst abgelehnt. Nach Weiterleitung des Anliegens an das Landesministerium als zuständige Aufsichtsbehörde zwecks Überprüfung wurde die häusliche Krankenpflege schließlich weiter bewilligt.

Gebühren für Hilfe beim Ausfüllen von Banküberweisungen

Eine stark sehbehinderte Antragstellerin bat um Unterstützung, weil ihre Hausbank seit kurzem Gebühren für Hilfe beim Ausfüllen von Überweisungen in Höhe von rund 3 Euro pro Überweisung verlangt. Ein Schlichtungsverfahren war nicht möglich, da die Bank ein Privatunternehmen und keine öffentliche Stelle des Bundes ist. Der Antragstellerin wurde jedoch geraten, sich zwecks Erhalt einer Stellungnahme an den für ihre Hausbank zuständigen Bundesverband zu wenden. Außerdem wurde ihr empfohlen, den hauptamtlichen Behindertenbeauftragten ihres Landkreises einzuschalten.

Geflüchteter mit psychischen Belastungen

Einem behinderten Geflüchteten mit psychischen Belastungen konnten Anlaufstellen vor Ort genannt werden. In diesem Fall gab es Hilfsangebote durch die Beratungsstelle des Regierungsbezirks sowie den Sozialpsychiatrischen Dienst einer kirchlichen Beratungsstelle. Weiter hat die Schlichtungsstelle hier wie auch in zahlreichen weiteren Fällen auf das örtliche Angebot der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) für Menschen mit Behinderungen hingewiesen.

Weitere Informationen zum Jahresbericht 2020 können bei Bedarf in Deutscher Gebärdensprache oder in Leichter Sprache kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

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Beispiele für hilfreiche Verweisberatung

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